Paläogeographie der Rotliegend-Zeit

Das Rotliegend ist der Zeitabschnitt vor 300 - 257 Millionen Jahren, in dem das variskische Gebirge abgetragen wird. Die Landschaft ist in viele südwest-nordost-gestreckte Schwellen und Senken gegliedert, nach Roscher & Schneider (2006) eine Mittelgebirgs-Landschaft mit maximal 1000 m hohen Bergen. Die Südwest-Nordost-Richtung entspricht der Ausrichtung der variskischen Falten, die den Untergrund der Rotliegend-Landschaft bilden. Die Schwellen und Senken laufen quer über den späteren Oberrheingraben hinweg. Bedeutendste Senke ist das Nancy-Pirmasens-Becken (auch Saar-Nahe-Becken genannt), in dem zur Rotliegend-Zeit über 3.000 Meter mächtige Gesteine abgelagert wurden.

Die Senken nehmen den oft grobkörnigen Gesteinsschutt der umgebenden Bergländer auf. Typische Gesteine sind Konglomerate, Sandsteine und Tonsteine. Das Meer war weit entfernt. Ein ursprünglich brauner Eisenanteil der Gesteine wurde später zu rotem Hämatit umgewandelt. Die Rotliegend-Gesteine sind deshalb meistens rot gefärbt.

Früher dienten besonders die eingebetteten Pflanzen zur Alters-Bestimmung der Rotliegend-Ablagerungen. Die Forschung der letzten Jahrzehnte hat jedoch nach Schneider & Werneburg (2012) ergeben, dass die Flügel von Insekten und molchartige Amphibien meist besser für den Altersvergleich verschiedener Schichten über große Gebiete geeignet sind (Foto 1). Diese Tiere veränderten sich rasch im Verlauf der Evolution durch eine sich verändernde Umwelt. Durch die Veränderungen der Tiere lassen sich Alter bis auf etwa 2 Millionen Jahre genau unterscheiden.

 

molchartige Amphibie aus der Rotliegend-Zeit

Foto 1: 15 cm lange Amphibie der Art Micromelerpeton credneri. Körperabdruck auf einer Steinplatte aus den Süßwasserseen des Rotliegend von Odernheim, Alter ca. 290 Mio.Jahre. Quelle: Paläontologisches Museum Nierstein. Foto: Dr. Klaus Naumburg, Bad Soden am Taunus.

 

Die gleichen Insekten und Amphibien sind europaweit verbreitet. Selbst in Nordamerika findet man sie. Dort wechsellagern die kontinentalen rotliegend-ähnlichen Ablagerungen mit fossilführenden Meeressedimenten. Damit kann die Zeitskala der kontinentalen Ablagerungen mit der Zeitskala der weltweiten Meeresablagerungen verglichen werden. Zur Rotliegend-Zeit war Nordamerika und Europa auf dem Kontinent Laurussia vereint. Den trennenden atlantischen Ozean gab es damals noch nicht. Laurussia stieß langsam mit Gondwana zusammen und beide bildeten den Großkontinent Pangäa.

Paul (2012) schildert die klimatische Situation: Im Laufe der Rotliegend-Zeit wanderte das jetzige Mitteleuropa als Teil von Pangäa aus dem Bereich des Äquators mit tropischem Klima nach 20° nördlicher Breite in den nördlichen Wüstengürtel, dort wo sich heute auch die Sahara befindet. Zu Beginn der Rotliegend-Zeit wechselten sich feuchte und halb-trockene Klimaphasen zyklisch ab. Im Laufe der Rotliegend-Zeit wurde das Klima jedoch zunehmend trockener und gipfelte in einem Wüstenklima bei dem dann jahrelang kein Regen mehr fiel. In Norddeutschland bildete sich ein riesiger Salzsee.

Rotliegend von Oberdorfelden

Foto 2: Die Rotliegend-Ablagerungen von Oberdorfelden in der Wetterau bestehen aus einer Wechsellagerung von roten Ton-, Schluff- und Feinsandsteinen. Ihr Ablagerungsraum war eine flache Ebene, warm und trocken, mit teilweise salzigen Seen geringer Tiefe, die gelegentlich trocken fielen. Die Sedimente gehören zur Bleichenbach-Formation (Kowalczyk 1983). Die Gesteine sind aufgeschlossen, weil hier früher eine Ziegelei ihren Rohstoff abbaute. Die Grube wird jetzt langsam mit Erdaushub verfüllt. Der Bereich ist ein paläontologisches Bodendenkmal, da hier vor etwa 280 Millionen Jahren sehr artenreiche Amphibien und Reptilien ihre Fußabdrücke im damals weichen Schlamm hinterlassen haben. Das hat eine wissenschaftliche Grabung im Jahr 2014 bestätigt, die von Sebastian Voigt (Urweltmuseum Geoskop) geleitet wurde. Auftraggeber war das Landesamt für Denkmalpflege Hessen. Foto vom Mai 2020.

 

Zur Rotliegend-Zeit gab es in Mitteleuropa während einer kurzen Periode auch starken weit verbreiteten Magmatismus. Sowohl in den Senken als auch dazwischen entstanden aus Schmelze magmatische Gesteine. Von Seckendorff (2012) berichtet umfassend über die Vorgänge. Ein aufsteigender Erdmantel-Diapir brachte viel Wärmeenergie in den Oberen Erdmantel. Dort in 30 bis 50 km Tiefe schmolz das olivinreiche Mantelgestein (Peridotit) teilweise auf. Dunkle basaltische Gesteinsschmelze brach bis zur Erdoberfläche durch und floss als etwa 1100 °C heiße Lava aus. Auch die Unterkruste in etwa 25 km Tiefe wurde teilweise aufgeschmolzen. Aus dem dortigen Gneisgestein entstanden helle Schmelzen. Tektonische Zugspannung öffnete Wegsamkeiten in der Kruste und ließ die Schmelzen mit ihrer geringen Dichte aufsteigen. Wenn die Gesteinsschmelze auf halbem Weg nach oben stecken blieb und sich dort ansammelte, entstand ein Pluton. Das bekannteste plutonische Gestein ist der Granit, erstarrt aus einer hellen Schmelze. Die Schmelze im Pluton wird durch das Nachbargestein wärmeisoliert und kann sehr langsam abkühlen. Dadurch wachsen die charakteristischen großen Kristalle dieser Gesteine. Die helle Schmelze brach oft bis zur Erdoberfläche durch und führte zu dem weit verbreiteten Rhyolith-Vulkanismus. Die etwa 800 °C heiße Rhyolith-Lava kühlt an der Luft rasch ab. Die beim schnellen Erstarren gewachsenen Kristalle sind deswegen winzig klein.

In Norddeutschland liegt weitverbreitet bis zu 2 km dicke erstarrte Rotliegend-Lava im tiefen Untergrund. Sie ist durch 5 km tiefe Erdgas-Bohrungen bekannt. Im Harz gehört der granitische Brockenpluton und der Harzburger Gabbropluton in diese Zeit. In Sachsen-Anhalt liegt der Halle-Vulkanitkomplex. Im ostbayerischen Grundgebirge entstanden die späten Granitplutone. Schwarzwald und Odenwald sind zur Rotliegend-Zeit durch einen reinen Rhyolith-Vulkanismus gekennzeichnet. Im Saar-Nahe-Becken liegen die dunklen und hellen magmatischen Gesteine direkt nebeneinander, gelegentlich vermischten sich helle und dunkle Schmelzen. Nach 4 Millionen Jahren war im Saar-Nahe-Becken der Magmatismus bereits wieder zu Ende.

Der Rotliegend-Magmatismus im Zeitbereich vor etwa 295 bis 305 Millionen Jahren stellt das Ende der variskischen Gebirgsbildung dar, nachdem die Plattenbewegungen zum Stillstand kamen.

Paläogeographie des Rotliegenden

Abb. 1: Ausschnitt aus der paläogeographischen Karte der Rotliegend-Zeit nach Boigk & Schöneich (1974).

Vollständige paläogeographische Karte der Rotliegend-Zeit (234 KB)

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