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9.5. Parallelisierung mit SPERLINGs und HANNAKs Porphyroidabfolge

Schon zu Beginn dieser Arbeit wurde auf die Differenzen in der Porphyroidabfolge von HANNAK (1959) und SPERLING (1958) hingewiesen. Aus dem Vergleich beider Kartierungen im Überlappungsbereich lässt sich folgende Identität feststellen:

HANNAK (1959) SPERLING (1958)
P2 --> P III
P3 --> P IV
P4 --> P V

SPERLING erwähnt nur, dass P I und P II auf HANNAKs Kartiergebiet vorkommen, gibt aber keine näheren Angaben dazu. P III (12 m mächtig) und P IV (5-10 m mächtig) sind nach SPERLING makroskopisch und mikroskopisch identisch. P V unterscheidet sich von P III und P IV durch eine lokale arme Fauna und beträchtliche Mächtigkeitsschwankungen. Die weiterhin von SPERLING als Unterschied angeführten mikroskopischen "Wirbelstrukturen" werden weiter oben in seiner Arbeit aber auch im P III und P IV erwähnt. Speziell bei P V (bis 25 m mächtig) werden noch lokal besonders häufige Sandsteinbänke (bis 4 m mächtig) mit subaquatischen Rutschungen im Liegenden erwähnt. Nebengesteinseinschlüsse (SPERLING gibt keine Größe an) in P V seien allgemein stark karbonatisiert und serizitisiert. Von der groben petrographischen Beschreibung HANNAKs lässt sich nur die Aussage verwerten, dass das tiefste Porphyroid P 1, das er nur aus Lesesteinfunden kennt, bis 30 cm große tiefblaue bis schwarze Tonschieferflatschen enthält. Der Abstand der einzelnen Porphyroidzüge im Kartenbild (mangels Profilen) schwankt in und zwischen den jeweiligen Kartiergebieten HANNAKs und SPERLINGs. Einzig benutzbar scheint die Tatsache zu sein, dass das hangendste Porphyroid (P 4 bzw. P V) deutlich von den liegenden Porphyroiden, die relativ eng aufeinander folgen (300 - 900 m in der Karte, senkrecht zum Streichen), abgesetzt ist (P 3 - P 4 bzw. P IV  - P V = ca. 2000 m).

Im Mühlbachtal wurden vom Verfasser 4, relativ eng benachbarte Porphyroidzüge im Teufelsdell ausgeschieden. Das tiefste Teufelsdell-Porphyroid führt faustgroße Fremdgesteinseinschlüsse. Hier zeigt sich eine Parallele zu HANNAKs P 1, der ja auch durch große Fremdgesteinseinschlüsse auffiel. Deutlich abgesetzt (1300 m in der Karte, senkrecht zum Streichen) von dieser Vierergruppe im Teufelsdell ist das Geisiger Porphyroid, der fünfte dieser Abfolge. Es könnte deshalb gut mit HANNAKs P 4 bzw. SPERLINGs P V parallelisiert werden. 1600 m SE des Geisiger Porphyroids (= 3500 m SE TTP) treten bei Berg wieder (wahrscheinlich) 4 Porphyroide in enger Nachbarschaft und ein weiteres deutlich abgesetzt davon auf. Diese Ähnlichkeit mit der Teufelsdell-Porphyroid Gruppe veranlasst den Verfasser hierin eine tektonische Verdopplung zu sehen. Eine ähnliche Situation ergab sich auch bei SPERLING (1958) in streichender NE-Verlängerung: Neben dem Hauptvorkommen von Porphyroiden NW der Schaumburger Mulde tauchen auch SE davon bei Biebrich wieder Porphyroide auf ("PV?" und ein weiterer außerhalb SPERLINGs Kartiergebiet, vgl. seine Fußnote 13). Wie kommt nun diese tektonische Verdopplung zustande? Im Mühlbachtal ist bei der Konstruktion zu beachten, dass nur ein ca. 200 m breiter Bereich mit teilweiser inverser Lagerung (=Käs-Mühle-Faltenzone) nachzuweisen ist. Normale Lagerung herrscht ganz überwiegend vor. Der Versuch die tektonische Verdopplung durch eine streichende Aufschiebung zu deuten, führt zu gigantischen Schubweiten von 5 - 10 km (je nach Einfallen der Störung) und muss verworfen werden (SCHULZE 1959 arbeitet mit Aufschiebungsbeträgen von 3 - 7 km). Als bessere Deutung bietet sich ein dachziegelartiges aufeinanderschieben relativ faltenfreier Blöcke mit synsedimentär vorgezeichneter gefalteter Lahnmulde als "Zwischenelement" an. Die Konstruktion ist ein reines Modell, dass versucht die gefundenen Fakten zu deuten und in keinster Weise bewiesen (Abb. 26). Im Einklang damit steht, dass Schuppenbau allgemein als charakteristischer Baustil dieser Gegend angesehen wird. Bei SCHULZE (1959) kommt das am Mittelrhein deutlich zum Ausdruck. Sein Arbeitsgebiet liegt in streichender SW-Verlängerung des unteren Mühlbachtals. Beim Vergleich beider Gebiete fallen folgende Ähnlichkeiten ins Auge (von NW nach SE):

1.) Porphyroide aus dem Raum Dahlheim - Prath analog den Teufelsdell-Porphyroiden,
2.) "Hangende Schichten" und unsicheres Oberems aus dem Raum Wellmich - Weyer analog dem "Zwischenelement" Käs-Mühle - Berg und
3.) Porphyroide aus dem Raum Kasdorf - Lierschied analog den Porphyroiden von Berg - Marienfels.

Als Lage der Störungen im Mühlbachtal kommt die tektonisch stark beanspruchte Käs-Mühle-Faltenzone in Betracht (vgl. Schaumburger Überschiebung, REQUADT 1975). Verdächtig ist neben dem NW-SW Verlauf des Mühlbachs auf Höhe der Dick-Mühle auch der Bereich des Steinbruchs 100 m SE Berg, in dessen NE-Teil die Schichten aufsteilen. In streichender SW-Verlängerung dieses Bruchs sind an der Straßenböschung Marienfels - Geisig (ca. 200 m SW Happes-Mühle) Schiefer aufgeschlossen, die eine stärkere tektonische Beanspruchung in Form einer Spezialfaltung erahnen lassen (sehr schlecht aufgeschlossen). Die Wiederholung von 4 eng benachbarten Porphyroidzügen S Berg spricht deutlich gegen eine tektonische Vervielfachung innerhalb der Teufelsdell-Porphyroid Gruppe. Alle Tatsachen fügen sich zu einer normalen Abfolge der Porphyroide zusammen, die wie folgt zu parallelisieren ist:

RÖHR (1985) SPERLING (1958) HANNAK (1959)
TTP P I P 1
UTP P II
MTP P III P 2
OTP P IV P 3
GP P V P 4

Auf eine Einstufung der schlecht aufgeschlossenen Berger Porphyroidgruppe wird verzichtet. Die Mächtigkeiten zwischen den einzelnen Porphyroiden scheinen im Mühlbachtal gegenüber der Umgebung von Holzappel, nach dem Kartenbild zu urteilen, jeweils deutlich reduziert zu sein. Die paläogeographische Interpretation muss einem Bearbeiter mit weiträumigerer Kenntnis vorbehalten werden. Auf Grund dieser Parallelisierung scheint es dem Verfasser nun gerechtfertigt folgendes Profil durch das untere Mühlbachtal im Arbeitsgebiet zu legen: Im NW stehen bei Nassau Schiefer an, die unbestritten älter als die porphyroidführenden Unteremsgesteine sind (HANNAK 1959, JENTSCH 1960). Nach SE schließen sich konkordant oder durch eine Schichtlücke oder Störung getrennt Unteremsgesteine mit einer Mächtigkeit von ca. 2000 m und 5 eingelagerten Porphyroiden an. Ein tektonisches "Zwischenelement" im Bereich Käs-Mühle - Berg verbindet diese Schichten mit den 5 Porphyroide führenden tektonisch verdoppelten Schiefern im Bereich Berg - Marienfels. Auf eine weitere Gliederung des Schichtpakets, z.B. Grenze Ulmen - Singhofen Unterstufe mit Hilfe des P IV nach MITTMEYER wird verzichtet. Als praktikable Bezeichnung für die porphyroidführenden Unteremsgesteine soll an dem alten Namen "Singhofener Schichten" vorläufig festgehalten werden. Die Grenzziehung zwischen JENTSCHs Nassauer Schichten und den Singhofener Schichten war nicht Gegenstand der Diplomarbeit. Zur Ermittlung der Mächtigkeit von 2000 m wurde deshalb die Hunsrückschiefergrenze HANNAKs am Ortseingang von Bergnassau benutzt. Die Distanz von dort bis zur Käs-Mühle beträgt, senkrecht zum Streichen, 3450 m. Die Multiplikation mit dem Sinus des mittleren Einfallens von 36 Grad führt zur angegebenen Mächtigkeit. Die Hangendgrenze der Singhofener Schichten ist dabei kurz oberhalb des Geisiger Porphyroids angenommen. 2000 m ist genau der Wert den SCHULZE (1959) als Mächtigkeit der Singhofener Schichten des Blattes Schaumburg angibt.

Modellvorstellung

Abb. 26: Modellvorstellung zur tektonischen Verdopplung der 5 Porphyroide

9.6. Synthese der Porphyroidmerkmale und mögliche Genese

In Kurzfassung wurden folgende Punkte erarbeitet, die aber teilweise nur im Arbeitsgebiet belegt sind. Ein Genesemodell sollte sie möglichst gut und einfach erfüllen.

1.) allgemeine Verbreitung der Porphyroide über 5000 km2
2.) makroskopisch recht gleichmäßige Verteilung der Feldspateinsprenglinge
3.) Feldspateinsprenglinge kantig als auch gerundet
4.) makroskopisch belegbare Variabilität im Mischungsverhältnis pyroklastisches - epiklastisches Material
5.) recht massiges Erscheinungsbild, Schichtung tritt selten auf
6.) "Sedimentverwicklungen" im unmittelbar Liegenden
7.) Anreicherung von Quarzdetritus im basalen Teil
8.) scharfer Basiskontakt, (scharfer Topkontakt ?)
9.) große und kleine Tonschieferflatschen
10.) marine Fossilien im Porphyroid, ebenso im Liegenden und Hangenden

Genesediagramm

Abb. 27: Genesediagramm

Abb. 27 gibt ein Schema zur Genese der Porphyroide. Folgende Fragen drängen sich dazu auf:

1.) Eruption(en) submarin oder subaerisch?
2.) Erosion eines vulkanischen Gesteins oder echter (= nicht erodierter) pyroklastischer Anteil?
3.) Art und Weise des Transports.

Unter teilweise hypothetischer Übertragung der im Arbeitsgebiet erzielten Ergebnisse auf das gesamte Verbreitungsgebiet soll nun die Genese näher beleuchtet werden:

Als sichere Belege für eine subaerische Eruption gelten das Vorkommen akkretionärer Lapilli (NELKE & PÄTZOLD 1981), das Vorkommen von Holzkohle (FISHER & SCHMINCKE 1984), das Vorkommen von Schmelztuffen (SCHERP & GRABER 1983) oder ein sehr großes Verbreitungsgebiet (WINTER 1977). Keines dieser Kriterien konnte bei den Porphyroiden bisher beobachtet. Submarine Eruptionen sind besonders dazu geeignet glasreiche Pyroklastika zu erzeugen, da das Magma schnell abgeschreckt wird. Weiterhin behindert der Druck der Wassersäule die Blasenbildung in den glasigen Partikeln und führt zu blasenarmen Glasscherben. Die untersuchten Porphyroide sind glasreich und, für saure Vulkanite ohnehin typisch, arm an Blasen. Hinreichende Kriterien für eine submarine Eruption lassen sich aus diesem Befund nicht ableiten. Dass ein Transport stattgefunden hat, geht aus dem großen Verbreitungsgebiet mit doch sehr gleichmäßiger Mächtigkeit klar hervor. Wichtig zur Beurteilung einer möglichen Erosion eines vulkanischen Gesteins und des Transports ist die Zusammensetzung an Komponenten und deren Zurundung. Oben wurde ausgeführt, dass leichte Kantenrundung bei den Feldspateinsprenglingen am häufigsten auftritt. Sie wird zum Großteil nicht auf ein Abrollen während des normal-aquatischen Transports sondern auf magmatische Korrosion zurückgeführt. Ein buchtig korrodierter Feldspat (PETTIJOHN et al. 1972) und noch die Einsprenglinge umgebende magmatische Grundmasse macht die magmatische Korrosion wahrscheinlich.

Unter normal-aquatischen Bedingungen hat das Wasser-Sediment-Gemisch eine geringe Dichte im Gegensatz zu mass flows hoher Dichter. Die reichlich vorhandenen vitroklastischen Strukturen (Ex-Glasscherben) würden einen längeren normal-aquatischen Transport nicht überstehen und sprechen wie die schlechte Sortierung (tonig-siltiger Detritus, sandig-kiesige Feldspateinsprenglinge und tw. einige cm große Tonschieferflatschen) und die unförmigen, flatschigen, wohl noch in plastischem Zustand sedimentierten Tonschieferflatschen gegen einen längeren normal-aquatischen Transport. Gut gerundete Feldspäte mit epiklastischer Umgebung zeigen dagegen deutlich einen normal-aquatischen Transport an, sind aber selten.

Äolisch über längere Distanz transportierte Tephra zeichnet sich durch gute Sortierung und relativ geringe Mächtigkeit (cm- bis dm-Bereich) aus. Die aus dem gesamten Verbreitungsgebiet beschriebenen Tonschieferflatschen lassen sich wohl kaum äolisch transportiert denken. Ein Transport als Sediment-Wasser-Gemisch hoher Dichte (mass flow, Massenstrom; debris flow, Schuttstrom u.ä.) kristallisiert sich als wahrscheinlich heraus. Ein mass flow sollte nach FISHER & SCHMINCKE (1984) keine Dichte- oder Größengradierung zeigen, überall Fossilien und epiklastisches Material führen und einen scharfen Basis- und Topkontakt aufweisen. Wurde dagegen das Material subaerisch transportiert, sollte die Schicht zwar einen scharfen Basiskontakt, aber einen diffusen Topkontakt zeigen, da das pyroklastische Material durch Bioturbation und Beimischung von epiklastischem Material nur allmählich abnimmt. Die beobachteten Basiskontakte der Porphyroide waren immer scharf und wegen der liegenden Quarzite auch gut aufgeschlossen. Die Topkontakte sind nur sehr schlecht aufgeschlossen, scheinen aber auch recht scharf. Die Porphyroide zeigen sich makroskopisch häufig schichtungslos, massig, ohne Gradierung. Hin und wieder kann aber doch Schichtung angesprochen, ganz selten ist sie markant. Die mikroskopische Untersuchung konnte die ganze Bandbreite im Mischungsverhältnis zwischen pyroklastischem und epiklastischem Material nachweisen. Die Basis der Porphyroide ist deutlich reicher an Quarzdetritus, Mitte und Top zeigen keine signifikanten Unterschiede. Ein fall out von Tephra über dem Meer und das zu Boden sinken der Pyroklasten allein erklärt nicht die doch recht innige Vermischung mit epiklastischem Material. Bei diesem Genesetyp sind also weitere Umlagerungen des tuffigen Sediments am Meeresboden nötig. Solche Umlagerungen müssten ein großes Korngrößenspektrum, nämlich tonig-siltiges Material, shards, Einsprenglingsfeldspäte und Gesteinsbruchstücke als recht massige, 10 m mächtige Schicht erzeugen. Der Verfasser hält deshalb einen Transport als Massenstrom für wahrscheinlich. CAREY & SIGURDSSON (1980) beschreiben, welche Ausmaße ein subaquatischer pyroklastischer Schuttstrom annehmen kann: Nach einer großen Eruption auf der Insel Dominica, Kleine Antillen, ergoss sich ein Strom pyroklastischen Materials in das vorlagernde Grenada Tiefsee-Becken. Die Ablagerung besteht aus einer einzigen massigen Einheit, die noch in 250 km Entfernung über 3 m mächtig ist. Normale Gradierung ist an der Basis charakteristisch und verbreitet. Nahe der Basis wurden auch einige Tonschieferflatschen (clay clasts) bis 10 cm Länge gefunden. Der Strom überdeckt ein Gebiet von 14.000 km2 und ist bis 250 km von der Quelle entfernt. Sein Volumen wird mit 30 km³ angegeben. Er besteht zu 80 % aus pyroklastischem Material, rhyolitischen shards, Bimsbrocken bis 6,5 cm, Plagioklasen und anderem. Das epiklastische Material ist pelagischer Ton, Mikrofossilien und Holzkohle. Da er keine Bouma-Sequenz zeigt wird er nicht als Turbidit angesprochen. Im Vergleich zu air fall-Tephralagen ist der subaquatische, pyroklastische Schuttstrom grobkörniger und schlechter sortiert. Da bei Dominica kein Schelf ausgebildet ist, fällt der Meeresboden unmittelbar mit 9 Grad zum Tiefsee-Becken ab.

Die Porphyroidsedimentation erfolgte allen Anzeichen nach in einem Flachwasserbereich, der aber durchaus morphologisch in Schwellen und Tröge differenziert war. Die subaquatischen Rutschungen zeigen eine Hangneigung an. Einen ähnlichen Transportmechanismus wie den eben beschriebenen hält der Verfasser nicht für unwahrscheinlich. Gezielte Untersuchungen im gesamten Verbreitungsgebiet auf diese Fragestellung hin sind aber unbedingt notwendig um der Lösung einen Schritt näher zu kommen. Eine komplexe, regional differenzierte Genese scheint nach den bisher veröffentlichten Porphyroidbeschreibungen wahrscheinlich.


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