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12. Die tertiären und quartären Bildungen

Im Kartiergebiet treten N Singhofen und W Geisig Schotter über den devonischen Schiefern auf. Nach HOLZAPFEL (1892) bestehen die Gerölle aus milchigweißem, oberflächlich gelbem Quarz und Quarzit. Teilweise verkittet Brauneisen die Gerölle zu einem festen Konglomerat. Zwischen den Kiesen finden sich stets hellgefärbte Sande. Ein kleines, drittes, heute nicht mehr gefundenes Vorkommen dieser Gesteine am Heidenpütz sieht er als Beleg einer ehemaligen größeren Verbreitung der Singhofener Quarzkiese. Am westlichen Talrand zwischen Geisig und Marienfels beschreibt er Gerölle, die in graue und rötliche Tone eingebettet sind. Die Tone können stellenweise sogar stark in den Vordergrund treten. Stratigraphisch stuft HOLZAPFEL alle diese Bildungen ins Tertiär ein.

AHLBURG (1916) hat sich näher mit den jüngeren Bildungen an der Lahn befasst: Die Ablagerungen der Valendarer Stufe wurden aus der alttertiären Verwitterungsrinde fluviatil als Quarzschotter, Sande und tonige Sande ausgewaschen. Die Schotter bestehen fast nur aus abgerolltem Gangquarz und zum kleinsten Teil aus Kieselschiefern, Eisenkieseln und verkieselten Quarzitgeröllen. Sie sind gebleicht und zeigen matte Oberflächen. Dadurch unterscheiden sie sich deutlich von den dunkleren, pliozänen Schottern, die glänzend polierte Oberflächen aufweisen. Am Rhein heißen diese Sedimente nach ihrem Leitgeröll "Kieseloolithschotter". Dieses Geröll kommt aber an der Lahn nicht vor und wird hier durch deutlich polierte Braunkohlenquarzitgerölle vertreten.

In jüngerer Zeit untersuchten HÜSER (1972), BIRKENHAUER (1973) und MÜLLER (1973, 1974) das Singhofener Kiesvorkommen und die Morphologie des Mühlbachtals als Teil größerer Untersuchungsgebiete.

HÜSER gibt detaillierte Profile der Vorkommen E und W der B 260 an. Die Gerölle bestehen seiner Beschreibung nach fast ausschließlich aus Gangquarz und ganz selten Quarzit. Sie sind kanten- bis gut gerundet. Eisen - Quarzitverbackungen kommen nach HÜSER nur im Abbaugelände E der B 260 vor. Mit Hilfe des Tonmineralbestandes korreliert er beide Aufschlüsse. Die Kiese bezeichnet er als "Vallendar-Material". Über ihr Liegendes drückt er sich äußerst unklar aus.

Nach BIRKENHAUER ist das Singhofener Kiesvorkommen eines der ausgedehntesten und mächtigsten Lager auf dem 300 m Niveau im Mittelrheingebiet. Die Kiese bestehen seiner Beschreibung nach aus Milchquarzen, aber auch aus vielen, schwärzlichen, lyditartigen Kieseln und einigen sandsteinartigen Quarziten. Der Gesamthabitus des ca. 25 m mächtigen Vorkommens entspricht dem "Kieseloolithschotter" am Rhein. Die Schwermineralanalyse spricht nicht dagegen. Da das Liegende der Kiese seiner Zeit nicht aufgeschlossen war, aber in 250 m Entfernung unverwittertes Devon ansteht, nahm er dieses als das Liegende an. Das wäre ein weiteres Indiz für das junge Alter der Kiese. Das Material der kleinen Kiesgrube SE Geisig, rötliche bis gelbliche Tone und Kiese, hat dagegen nach BIRKENHAUER oligozänen Habitus.

Er beschreibt weiterhin die nähere Umgebung. Unter anderem führt er fälschlicherweise das "Miehlener Becken" mit seinen tertiären Kiesen und Tonen in die Literatur ein. Aber bereits HOLZAPFEL (1892) hatte die morphologische Besonderheit des Mühlbachtals oberhalb Geisig erkannt und als "Marienfelser Kessel" beschrieben. Dieser bildet im Westtaunus ein großes, morphologisches Becken. Der Mühlbach durchbricht die ausgeprägte N-Begrenzung mit seinem Engtal und sorgt so für die Entwässerung zur Lahn hin. Das Engtal hat nach BIRKENHAUER folgende morphologische Gestalt: Die Hänge sind gestuft. Über die Mäanderhälse zieht die Oberterrasse auf voller Länge bis zur Lahn. Gekennzeichnet wird sie durch Verebnungen und Hangstufen auf 240 m NN. Weiterhin ist ein 280 m Niveau unterhalb der flächenhaften, breiten 300 m Verebnung ausgebildet.

MÜLLER (1973) gibt als Alter der Vallendarer Stufe, die die Vallendarer- und die Arenberger Fazies umfasst, Obereozän bis Oberoligozän an. MÜLLER (1974) erwähnt zwar das Singhofener Kiesvorkommen (dort, S. 66) drückt sich aber sehr unklar über deren Alter aus. Auf seiner Karte der pliozänen und quartären Verebnungen an der Unterlahn werden am Mühlbachtal hauptsächlich das 280 m Niveau als mittlere Höhenterrasse und das 265 m Niveau als untere Höhenterrasse im gesamten Engtal ausgehalten. Da das Singhofener Kiesvorkommen nicht dargestellt wird, sieht wohl auch MÜLLER dieses als Vallendarer Schotter an.

Während der Geländeaufnahme 1984 zeigte sich dem Verfasser im großen, westlich der B 260 gelegenen Aufschluss des Singhofener Quarzkieswerkes folgendes Bild: Die fluviatilen (?) Sedimente bestehen zum überwiegenden Teil aus innig schräggeschichteten Kies- und Sandlinsen, aber auch reine Tone findet man immer wieder. Die SW-Abbauwand zeigt in der unteren Hälfte ein gut 20 m breites, homogenes Schrägschichtungspaket, dessen Schichtung nach S einfällt (Leeseite einer fluviatilen? Megarippel?). Die obere Hälfte besteht aus kleindimensionaler (m-Bereich) Schrägschichtung. Rote, hämatitreiche Linsen wechsellagern innig mit weißen, völlig gebleichten Linsen. Rein weiße Kiese mit tonigem Bindemittel zeigen regelmäßig schwarze Fe-Mn-Konkretionen. Untergeordnet treten gelbliche Farben auf. Die Gerölle bestehen, wie von den anderen Bearbeitern schon beschrieben, vorwiegend aus narbigen, rauhen Gangquarzen. Sehr untergeordnet wurden Quarzite und recht auffällige ziegelrote Sandsteine gefunden. Die von BIRKENHAUER erwähnten schwärzlichen Kiesel wurden nicht beobachtet. Durch Planierungsarbeiten für die Erweiterung der Mülldeponie war im Sommer 1984 das Liegende der Kiese für wenige Wochen aufgeschlossen. Es besteht aus unterschiedlich stark zersetzten devonischen Gesteinen. Teilweise lagen vollständig zu Ton zersetzte, feuerrote Schiefer mit feiner, gelber Streifung, gleich daneben aber auch graugrüne, weißlich gelbe und rein weiße, tonige Lehme vor. Schichtung und Schieferung der gefalteten Ausgangsgesteine waren zumindest andeutungsweise immer zu erkennen, so dass auch bei den tonigen Verwitterungsprodukten kein Zweifel über die devonischen Edukte bestehen kann. Neben dem stark verwitterten Material kommen aber auch relativ gering verwitterte Schiefer vor, die neben vorwiegend beigen auch dunkelbraune bis schwarze Farbtöne zeigen. Die letzteren werden durch Imprägnation von Fe-Mn-Mineralen erzeugt. Durch das Vorkommen dieser wenig zersetzten Schiefer im Liegenden der Kiese und die kurz nach dem N bis NW-Ende der Kiesgrube anstehenden frischen Schiefer, lässt sich die Mächtigkeit der Verwitterungsrinde auf 3 - 5 m schätzen. Die Oberfläche der Verwitterungsrinde liegt, nach der sie berührenden Höhenlinie auf genau 290 m. Sie zeigte im ca. 50 m langen Aufschluss deutlich ein Relief. Die Höhenunterschiede zwischen Senken und Erhebungen blieben aber unter 2 m. Die darauf folgenden Kiese beginnen mit einem 10 cm mächtigen Konglomerat. Es handelt sich dabei um die bekannten Vebackungen von Quarzgeröllen durch ein Brauneisenbindemittel. Eine weitere, 5 cm mächtige, ähnliche Konglomeratlage wurde auch in einem höheren Niveau beobachtet. Die hangenden Kiese dieser Lage sind auf gut 50 cm mit braun-schwarzem Fe-Mn-Bindemittel verfestigt. HÜSER (1972) sah sie nur auf den Aufschluss E der B 260 beschränkt, der im Rahmen dieser Diplomarbeit wegen der schlechten Aufschlussverhältnisse nicht näher untersucht wurde. Über dem basalen Konglomerat folgt nun das mächtige Paket schräggeschichteter Kiese und Sande. Nur in den obersten Metern der Abbauwand lassen sich einzelne Schichten über größere Entfernungen verfolgen (siehe dazu die Profile bei HÜSER). Die Mächtigkeit des gesamten Kieslagers wurde zu 23 m bestimmt. Die große Hauptabbauwand nimmt davon 15 m ein. Als stratigraphische Kriterien bleiben festzuhalten, dass die Singhofener Kiese auf einer Verwitterungsrinde lagern, die allgemein als alttertiäre Bildung angesehen wird. Die für pliozäne Schotter charakteristischen Gerölle fehlen. Deshalb wird die Einstufung als Vallendarer Schotter bevorzugt. Da aber die Bearbeitung der tertiären, fluviatilen (?) Sedimente im Rheinischen Schiefergebirge keineswegs sichere Kriterien für die Einstufung dieser Schichten hervorgebracht hat, mag sich auch in Singhofen noch einiges ändern. Eine kürzliche Untersuchung der Kiesgrube wies hierbei in eine neue Richtung, denn sie lieferte Foraminiferen, die bekannten Formen oligozäner Sedimente des Mainzer Beckens zugeordnet werden. SONNE (1982) sieht sie als auchtochton bzw. quasi-autochton an, da eine Umlagerung aus dem Bereich des Oberrheingrabens unmöglich ist. Sie könnten aber von benachbarten brackisch-marinen, oligozänen Sedimenten - bisher sind solche nicht bekannt - in die Fundschichten eingeschwemmt sein. Die Kiesgrube Singhofen ist somit ein Indiz für die Vermutung, dass Teile des Rheinischen Schiefergebirges im Tertiär vom Meer überflutet waren (vgl. ROTHAUSEN & SONNE 1984, ZÖLLER 1983).

Die Verwitterungsrinde scheint im gesamten Arbeitsgebiet auf den Hochflächen vorhanden zu sein. Auf den Äckern rund um das Mühlbachtal fanden sich immer wieder zersetzte Schiefer mit roten, gelben und braun-schwarzen Farben, genau so, wie sie u.a. im Liegenden der Kiese und bei Kanalbauarbeiten im Ortskern von Singhofen anstehend beobachtet wurden.

Der Boden, eine Lockerbraunerde, der das Profil im Singhofener Quarzkieswerk (W der B260) an deren SW-Seite abschließt, fiel wegen seines olivgrünen Farbstichs auf. Der Verdacht eines tuffhaltigen Substrats konnte qualitativ bestätigt werden. Dazu wurde die Fraktion 250 - 500 µm in HCl gekocht, um die Fe-Häute der Körner zu entfernen. Dadurch wurden schon reichlich schwarze, idiomorphe, prismatische Kristalle sichtbar. Honiggelber Titanit und magnetisch extrahierbare Oktaeder und Skelettkristalle aus Magnetit sind schon unter dem Binokular zu erkennen. Zur genaueren Bestimmung, insbesondere auch der überwiegenden, wasserklaren, farblosen Kristalle wurde ein in Epoxidharz eingebettetes Streupräparat auf Dünnschliffdicke geschliffen und u.d.M. untersucht: Die farblosen, klaren Kristalle sind überwiegend idiomorpher Sanidin und ganz untergeordnet Plagioklas und feinstverzwillingter Anorthoklas. Die dunklen Komponenten sind idiomorpher Ägirinaugit und Augit und braune und grüne Hornblenden. Schiefer- und Bimsbruchstücke sind reichlich vertreten, hellbraunes Glas selten. Junge vulkanische Aschen sind in diesem Teil des Rheinischen Schiefergebirges weit verbreitet (STÖHR 1963) und hier nach dem Mineralbestand eindeutig als Laacher Bimstuff anzusprechen (FRECHEN 1976).

HOLZAPFEL (1892) berichtet, dass auf Blatt Dachsenhausen kein Löss in typischer Beschaffenheit beobachtet wurde, sondern nur Lehm. 100 m NE Dick-Mühle wurde aber dank eines aufgegrabenen Fuchsbaues ein solch typischer, lockerer, mehliger Löss beobachtet. Eine Sieb- und Schlämmanalyse des Sediments, ausgeführt unter Mitwirkung von Herrn Schaub, bestätigt die für Löss typische Korngrößenverteilung (Abb. 28). Nach FÜCHTBAUER & MÜLLER (1977) liegen i.d.R. über 50 Gewichts-% zwischen 0,01 und 0,05 mm und der Median liegt zwischen 0,01 und 0,046 mm. Beides wird von der Probe erfüllt. Ein Karbonatgehalt von 18 % unterscheidet den Löss bei der Dick-Mühle weiterhin von Lösslehmen, die nach FÜCHTBAUER & MÜLLER auch einen größeren Anteil der Tonfraktion aufweisen.

Korngrößenverteilung

Abb. 28: Korngrößenverteilung des untersuchten Lösses

Zu den jüngsten Bildungen sind Schutte zu rechnen, wie sie im untersten Rabenlei-Tälchen aufgeschlossen waren. Unterhalb der dortigen Jagdhütte hatte sich der kleine Bach 2 m tief in einen mindestens ebenso mächtigen Schutt, der sich aus dem gesamten Korngrößenspektrum zusammensetzt, eingetieft. An Komponenten treten hauptsächlich die devonischen Schiefer und nicht ganz so häufig die typischen Quarzgerölle der tertiären Quarzkiese auf.

Auch der Mühlbach selbst schneidet sich örtlich wieder in seine eigene Talaue ein und schließt so junge Lockersedimente auf. Feinkörnige, lehmige, graubraune Bildungen, die stellenweise braune Flecken aufweisen, werden als vergleyte Hochflutlehme angesprochen. In ihnen findet man öfters eine oder mehrere scharf begrenzte Lagen aus handtellergroßen Schieferplatten, die dachziegelartig geordnet aneinander liegen. Bei manchen Lagen fallen die Schieferplatten flussabwärts, bei anderen flussaufwärts. Bei den ersteren dürfte die Strömungsgeschwindigkeit des Mühlbachs größer als bei den letzteren gewesen sein.

Die steilen Hänge des Mühlbachtals werden von zwei, sich immer wieder abwechselnden Phänomenen beherrscht. Fast über die gesamte Länge vom Mühlbach bis hinauf zur Hochfläche laufen, i.d.R. im Streichen der devonischen Gesteine oder senkrecht zu den Höhenlinien, recht scharf begrenzte, herausragende Geländerippen, die aus unterschiedlichen Unterems-Schiefern aufgebaut werden. Sie scheinen aber nicht unbedingt an die Lithologie gebunden zu sein, da sie so regelmäßig im Abstand von typisch 50 bis 100 m aufeinander folgen, wie man es nicht gewohnt ist Härtlinge in den Schiefern zu finden. Diese Geländerippen werden von Hangrutschzonen getrennt, in denen keine Festgesteine aufgeschlossen sind. Hier sind massenhaft handtellergroße Schieferplatten in die Bodenbildung mit einbezogen. Stellenweise treten diese Schieferplatten als alleiniger Bestandteil, ohne Feinanteil, auf und werden deshalb als Blockstrom angesprochen. Da sich auf ihnen noch keine Bodenbildung eingestellt hat, müssen sie als sehr jung angesehen werden. Durch die Plattigkeit der Gesteine kommen diese Hangrutschzonen beim Begehen (wie der Name schon sagt) sehr leicht ins Rutschen und sind insbesondere bei feuchter Witterung nur sehr vorsichtig zu überqueren.

Das Mühlbach-Engtal ist außerordentlich reich an kleinen Felsterrassen und größeren Verebnungen, die in den unterschiedlichsten Niveaus auftreten. Das zeigte eine begonnene Aufnahme dieser morphologischen Elemente mit dem Höhenmesser. Der Verfasser musste diese Untersuchung aber bald abbrechen, da dieses interessante, mannigfaltige, morphologische Inventar im Rahmen einer geologischen Diplomarbeit nicht zufriedenstellend zu bearbeiten war. Es sei hier einzig auf die besonders auffällige, morphologische Gliederung der drei Riedel, die von der Alten Burg ausgehen, hingewiesen.


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