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Die Genese der Leptinite und Paragneise zwischen Nordrach und Gengenbach im mittleren Schwarzwald


10 Geothermobarometrie

Die Geothermobarometrie soll konkrete Informationen über Druck und Temperatur während der Metamorphose liefern. Dazu werden metamorphe Reaktionen benutzt. Unter der Voraussetzung, dass das metamorphe in situ-Gleichgewicht der jeweiligen chemischen Reaktion wegen zu niedriger Reaktionsgeschwindigkeit bei der Abkühlung und der Druckentlastung bis heute überliefert wurde, kann aus der Zusammensetzung der beteiligten Minerale und der experimentellen Kalibrierung Druck und Temperatur dieses Gleichgewichts-Zustands bestimmt werden.

Der petrographische Nachweis, dass ehemals ein chemisches Gleichgewicht vorlag, ist kaum zu erbringen und kann höchstens als wahrscheinlich angenommen werden. Die experimentelle Kalibrierung ist stets als fragwürdig zu betrachten. Unter diesen Voraussetzungen sollen nun verschiedene Geothermobarometer angewandt werden.

10.1 Granat-Mischkristall-Modell

Alle hier benutzten Geothermobarometer beruhen auf Reaktionen, an denen Granat beteiligt ist. Die hier vorliegenden Granate lassen sich im wesentlichen als Mischkristalle aus den vier Endgliedern Almandin, Pyrop, Grossular und Spessartin auffassen. Für die jeweiligen, geothermobarometrischen Gleichgewichts-Reaktionen ist nun die Aktivität von einem oder zwei dieser Endglieder entscheidend. In einem idealen Mischkristall-Modell errechnet sich die Aktivität eines Endglieds einfach aus der Konzentration. In einem nicht idealen Mischkristall-Modell beeinflussen sich die einzelnen Endglieder gegenseitig, die Aktivität eines Endglieds ist deshalb von den Konzentrationen der anderen Endglieder abhängig.

In der Literatur herrscht bislang keine Einigkeit, ob sich Granat-Mischkristalle ideal oder nicht ideal verhalten, bzw. welches Ausmaß die Abweichung vom idealen Verhalten erreicht (Wechselwirkungs-Parameter zwischen den Endgliedern, Wij). GANGULY & SAXENA (1984) schlugen zum Beispiel ein nicht ideales Granat-Mischkristall-Modell vor, für CHIPERA & PERKINS (1988) bringt ein ideales Granat-Mischkristall-Modell die besten Ergebnisse. Obwohl es natürlich für alle geothermobarometrischen Formulierungen nur ein richtiges Granat-Mischkristall-Modell gibt, werden in der Literatur für die einzelnen Geothermobarometer unterschiedliche Granat-Mischkristall-Modelle benutzt.

10.2 Granat-Biotit-Thermometer

Dieses Geothermometer beruht auf der Verteilung von Fe und Mg zwischen Biotit und Granat nach der Reaktion:

Pyrop + Annit = Almandin + Phlogopit

1/3 Mg3Al2Si3O12 + 1/3 KFe3Si3AlO10(OH)2 = 1/3 Fe3Al2Si3O12 + 1/3 KMg3Si3AlO10(OH)2

Es ist unabhängig von anderen eventuell vorhandenen Fe-Mg-Phasen. Die experimentelle Kalibrierung besorgten FERRY & SPEAR (1978). Der Verteilungskoeffizient KD ist definiert als:

Die Gleichgewichts-Temperatur errechnet sich durch die Formel (umgestellt nach FERRY & SPEAR 1978, ideales Mischkristall-Modell):

Wenn, wie meist, der modale Biotit-Gehalt im Gestein viel höher ist als der Granat-Gehalt, wird mit steigender Temperatur der Granat deutlich Mg-reicher und die Biotit-Zusammensetzung bleibt nahezu konstant. Bei der retrograden Abkühlung wird der Granat dann Fe-reicher. FERRY & SPEAR empfahlen, die Formel nur bei Granaten mit weniger als 20 % Grossular + Spessartin zu benutzen. Der Quotient (AlVI +Ti)/(AlVI+Ti+Fe+Mg) im Biotit sollte kleiner als 0,15 sein. In den untersuchten Proben ist er meist etwas größer. Der genaue Einfluss von AlVI und Ti im Biotit ist bislang nicht bekannt. INDARES & MARTIGNOLE (1985) haben in ihren beiden Formulierungen des Granat-Biotit-Thermometers versucht, ihn empirisch zu bestimmen, die meisten Autoren sehen Biotit allerdings bislang als idealen Mischkristall an.

GANGULY & SAXENA (1984) wandten ihr Granat-Mischkristall-Modell auf die FERRY & SPEAR Kalibrierung an. Der Biotit-Mischkristall wird als ideal betrachtet. Ihr Thermometer lautet:

(1) Berechnung des Wechselwirkungs-Parameters aus den Anteilen von Fe und Mg unter Berücksichtigung der asymmetrischen Beeinflussung zwischen Fe und Mg im Granat-Mischkristall.

WFeMg = WFe-Mg(XMg/(XFe+XMg)) + WMg-Fe(XFe/(XFe+XMg))

wobei

WFe-Mg = 200 cal/Mol
WMg-Fe = 2500 cal/Mol
XMg = Mg/(Fe2++Mg+Ca+Mn)
XFe = Fe2+/(Fe2++Mg+Ca+Mn)

(2) Berechnung der Gleichgewichtstemperatur

wobei

DWCa = WMgCa-WFeCa = 3000 cal/Mol
DWMn = WMgMn-WFeMn = 3000 cal/Mol
XCa = Ca/(Fe2++Mg+Ca+Mn)
XMn= Mn/(Fe2++Mg+Ca+Mn)
R = 1,987 cal/Mol/K (molare Gaskonstante)

CHIPERA & PERKINS (1988) haben versucht, eine Reihe von verschiedenen Granat-Biotit-Thermometern zu bewerten. Die Genauigkeit der Temperatur beurteilten sie durch den Vergleich mit experimentell bestimmten Stabilitätsbereichen der auftretenden Mineralphasen. Hauptkriterium war bei ihnen aber, dass die ermittelten Temperaturen möglichst genau einem regionalen Trend folgen und die lokalen Variationen möglichst klein sind, also so wie man es für die Temperatur-Verteilung in der Tiefe erwartet. Das experimentell kalibrierte Thermometer von PERCHUK & LAVRENT'EVA (1983) mit idealem Mischkristall-Modell ergab dabei die geologisch glaubwürdigsten Ergebnisse. Thermometer mit nicht idealen Mischkristallen, u.a. das von GANGULY & SAXENA, schnitten nicht so gut ab.

Das Granat-Biotit-Thermometer von PERCHUK & LAVRENT'EVA (1983) geht von einer neuen experimentellen Kalibrierung und einem idealen Granat-Mischkristall-Modell aus und lautet:

Dabei bedeutet DV die molare Volumenänderung der Austauschreaktion. Dieser Wert ist nicht genau bekannt und schwankt zwischen -0,0246 und -0,0577 cal/bar. Der Einfluss dieser Größe ist gering und bewirkt selten eine Abweichung von mehr als 10°. Es wurde deshalb der Mittelwert der beiden DV benutzt. Das Vorzeichen von RlnKD ist gegenüber der Original-Formulierung vertauscht, da dort KD reziprok definiert ist.

Von entscheidender Bedeutung für die Bewertung der ermittelten Temperatur ist die Lagebeziehung der Analysenpunkte sowohl innerhalb eines Korns (Zentrum oder Rand) als auch zwischen den Körnern (Granat und Biotit in Kontakt oder nicht). Die ermittelte Temperatur eines Granat-Biotit-Paars ist nur dann geologisch sinnvoll, wenn dieses Paar ehemals im chemischen Gleichgewicht stand. Die Diffusionsgeschwindigkeit im Granat ist unterhalb 650 °C sehr gering (TRACY 1982: 380), so dass sich neue Gleichgewichte während der Abkühlung nur im Randbereich des Granatkorns einstellen können. Überschreitet die Temperatur während der Metamorphose nicht den Bereich um 650 °C, bleibt nach dieser Vorstellung die prograde Wachstums-Zonierung erhalten. Aber welcher Biotit stand während des Granat-Wachstums mit dem Granat im Gleichgewicht? Hier kommen Biotit-Einschlüsse im Granat in Frage. Allerdings ist kaum etwas über das Diffusions-Verhalten im Biotit bekannt und somit unsicher, ob die Biotit-Einschlüsse wirklich noch die Zusammensetzung des damaligen Gleichgewichts aufweisen. Oberhalb von 650 °C wird die Diffusion im Granat so stark, dass jede bis dahin konservierte Information, z.B. der Mn-reiche Kern einer prograden Wachstumszonierung oder der, durch ein früheres Hochdruck-Stadium bedingte, hohe Grossular-Gehalt, gestört oder sogar völlig ausgelöscht wird. Nahezu das gesamte Granatkorn sollte dann im Gleichgewicht mit allen Biotiten stehen.

Der Fe-Mg-Austausch kann bei einem Berührungskontakt zwischen Granat und Biotit durch Diffusion im Kristallgitter und über die Phasengrenze hinweg erfolgen. Sind Granat und Biotit aber räumlich getrennt, müssen Fe und Mg entweder durch die trennenden Phasen (z.B. Quarz und Feldspat) diffundieren oder in einem Fluid entlang den Korngrenzen transportiert werden. Der Transport in einem Fluid ist viel schneller als im festen Aggregatzustand. Fehlt solch ein Fluid, kann das Gleichgewicht zwischen räumlich getrennten Körnern wegen zu kurzer Diffusionsdauer nicht erreicht werden. In solch einem Fall würde nur ein schmaler Bereich entlang einer Granat-Biotit-Grenze die herrschende Temperatur repräsentieren.

Diese Überlegungen treffen prinzipiell auch auf andere Geothermobarometer zu. Sie unterstreichen die zur Zeit noch vorhandenen Unwägbarkeiten geothermobarometrischer Aussagen. Die Probleme ähneln manchen geochronologischen Daten aus komplex-metamorphen Gesteinen, bei denen man sich auch nicht völlig im klaren darüber ist, welches Ereignis man eigentlich datiert, bzw. ob es überhaupt ein Ereignis ist.

Resultate des Granat-Biotit-Thermometers (für p = 5 kbar, G&S = nach GANGULY & SAXENA, P&L = nach PERCHUK & LAVRENT'EVA):

(1) Granat-Rand im Kontakt zu Biotit, interpretiert als spätes Gleichgewicht während der letzten Abkühlung:
Probe Gesteinstyp Lokalität T(G&S, °C) T(P&L, °C)
33a Paragneis Hasenberg 625 650
346d Paragneis Schönberg 580 670
182 biotitreicher Leptinit Rennsbach 650 610
373 biotitarmer Leptinit Teufelskanzel 640 580

Die Schwankungsbreite und der Mittelwert (625 °C) von beiden Thermometern sind fast gleich. Eine Temperatur-Intervall von 625 ± 50 °C erscheint realistisch.

(2) Granat-Zentrum und Matrix-Biotit abseits von Granat, interpretiert als ehemalige Maximum-Temperatur, die nicht durch späte Equilibrierung gestört wurde:
Probe Gesteinstyp Lokalität T(G&S, °C) T(P&L, °C)
346a Paragneis Schönberg 665-700 690-700
346d Paragneis Schönberg 640 700
352a Paragneis Bitzfeld 700-870 750-800
182 botitreicher Leptinit Rennsbach 700 640
274 biotitreicher Leptinit Lampertskopf 590-700 570-640
20 biotitarmer Leptinit Haubühl 960 750
373 biotitarmer Leptinit Teufelskanzel 665 595
174 biotitarmer Leptinit Holzsack 480-535 525-570

Die ermittelten Temperaturen sind selbst innerhalb eines Dünnschliffs sehr variabel. Ein Wert von 700 ± 50 °C könnte real sein, er liegt leicht über den Temperaturen von später equilibrierten Granat-Biotit-Kontakten. Die niedrigen Werte unter 550 °C gehen wahrscheinlich auf ein nicht verwirklichtes Gleichgewicht zurück und sind bedeutungslos. Die Temperaturen des P&L-Thermometers sind etwas homogener als die nach G&S.

 

10.3 Granat-Cordierit-Thermometer

Das Granat-Cordierit-Thermometer beruht auf folgender Fe-Mg-Austausch-Reaktion:

Almandin + Mg-Cordierit = Pyrop + Fe-Cordierit

1/3 Fe3Al2Si3O12 + 1/3 Mg2Al4Si5O18 = 1/3 Mg3Al2Si3O12 + 1/3 Fe2Al4Si5O18

Der Verteilungs-Koeffizient KD ist hier definiert als:

Aus dem empirisch abgeleiteten Granat-Cordierit-Thermometer von THOMPSON (1976: Tab. 1) ergibt sich folgende Gleichung:

PERCHUK & LAVRENT'EVA (1983) kalibrierten die Reaktion experimentell und gaben folgende Thermometer-Gleichung an:

Für das Granat-Cordierit-Themometer wurden ausschließlich Cordierit-Coronen und die zugehörigen Granatränder benutzt. Das nach der Analysen-Qualität einzig akzeptable Granat-Cordierit-Paar der Paragneis-Probe 17 = Hochkopf ergab 590 °C (THOMPSON = TH.) bzw. 565 °C (PERCHUK & LAVRENT'EVA = P&L). Die Annahme, dass das Fe/(Fe+Mg)-Verhältnis von Piniten oft dem der früheren Cordierite nahezu entspricht, wird durch das Granat-Cordierit-Thermometer unterstützt, da sich hier ähnliche Temperaturen ergeben wie mit frischem Cordierit.
Probe Gesteinstyp Lokalität T(TH., °C) T(P&L, °C)
20 biotitarmer Leptinit Haubühl 0,96 0,77 680 645
174 biotitarmer Leptinit Holzsack 0,90 0,54 660 630
181 biotitarmer Leptinit Rennsbach 0,87 0,52 730 690
33a Paragneis Hasenberg 0,82 0,30 560 545

Das Granat-Cordierit-Thermometer ergibt somit einen ähnlichen Temperatur-Bereich wie das Granat-Biotit-Thermometer.

 

10.4 Granat-Cordierit-Thermometer

In Abhängigkeit von der Temperatur ändert sich das Fe-Mn-Verhältnis zwischen Granat und Ilmenit: bei steigender Temperatur wird der Ilmenit auf Kosten der Spessartin-Komponente Mn-reicher. POWNCEBY et al. (1987) untersuchten die Reaktion

Almandin + Pyrophanit = Spessartin + Ilmenit

1/3 Fe3Al2Si3O12 + MnTiO3 = 1/3 Mn3Al2Si3O12 + FeTiO3

experimentell. Die Gleichgewichts-Konstante definierten sie zu

Für Ca- und Mg-arme Fe-Mn-Granate kann die Gleichgewichts-Temperatur mit einem binären Mischkristall-Modell über die Gleichung

wobei

DH° = -4089 cal/Mol (POWNCEBY et al. 1987)
DS° = -1,44 cal/Mol/° - " -
= 525 cal/Mol (O'NEILL et al. 1989)
= 286 cal/Mol - " -

Nur im biotitarmen Leptinit 373 = Teufelskanzel, dem Mn-reichsten biotitarmen Leptinit, kommt ein Fe-Mn-Granat (Pyrop+Grossular < 5 %) und Ilmenit vor. Die mit dem Granat-Ilmenit-Thermometer ermittelten Temperaturen liegen für die minimal zonierten Granate zwischen 630 und 670 °C, der Mittelwert liegt bei 650 °C. Das Granat-Biotit-Thermometer nach GANGULY & SAXENA ergab im Vergleich dazu 640 °C für den Granat-Biotit-Kontakt und 665 °C für das Granat-Zentrum und einen Matrix-Biotit. Die hervorragende Übereinstimmung bei einem erwarteten Fehler von ± 30 °C darf nicht überbewertet werden, da es sich um einen Einzelfall handelt. Die Vergleichstemperaturen des Granat-Biotit-Thermometers nach PERCHUK & LAVRENT'EVA (1983) liegen mit 580 bzw. 595 °C deutlich niedriger.

 

10.5 Granat-Plagioklas-Al2SiO5-Quarz-Thermobarometer (GPAQ)

Das GPAQ-Thermobarometer beruht auf der Endglieder-Reaktion:

3 Anorthit = Grossular + 2 Al2SiO5+ Quarz.

Es bewirkt, dass der Grossular-Gehalt bei steigendem Druck und/oder steigender Temperatur auf Kosten des Anorthit-Gehalts im Plagioklas steigt. Die Lösung der Anorthit-Komponente im Plagioklas und der Grossular-Komponente im Granat-Mischkristall werden über Aktivitäts-Modelle ausgeglichen. Aus der Ladungsbilanz errechnete Fe3+-Gehalte im Granat wurden vernachlässigt.

ESSENE (1986) räumte in seiner Übersicht diesem Thermobarometer (das Gleichgewicht ist sowohl deutlich druck- als auch temperaturabhängig) eine bedeutende Stellung ein, da es in den meisten Gebieten brauchbare Resultate liefert.

NEWTON & HASELTON (1981) gaben eine Kalibrierung des GPAQ-Thermo-Barometers,die ohne empirische Parameter auskommt. Sie benutzten folgende Gleichung zur Berechnung des Drucks einer GPAQ-Paragenese:

Dabei bedeutet Ddie Molvolumenänderung der Endglieder-Reaktion und die Änderung der partiellen Molvolumina im Granat-Mischkristall. Im Gegensatz zu anderen Fällen ist diese Unterscheidung für die Grossular-Komponente von Bedeutung. Die Aktivität der Grossular-Komponente im Granat errechnet sich dabei wie folgt:

[g=Aktivitäts-Koeffizient]

NEWTON & HASELTON berücksichtigten nur den WCaMg-Wechselwirkungs-Parameter, da die Kenntnisse über WFeMg gering seien. Es gilt:

WCaMg = 3300-1,5T[K].

Die Aktivität der Anorthit-Komponente im Plagioklas errechneten sie nach:

NEWTON & HASELTON stellten heraus, dass das partielle Molvolumen der Grossular-Komponente im Granat-Mischkristall sich vom Molvolumen des reinen Grossulars unterscheidet und entsprechend berücksichtigt werden muss. Sie gaben eine Formel an, aus der das partielle Molvolumen in Abhängigkeit von Fe- und Mg-Gehalt des Granats berechnet werden kann:

wobei
  für Pyrop-Grossular-Mischkristalle für Almandin-Grossular-Mischkristalle
A = 125,24 125,24
B = -11,205 -8,293
C = -0,512 -1,482
D = -0,418 -0,48
E = 0,94 0,914
F = 0,083 0,066

Die obige Formel wird einmal für einen Pyrop-Grossular-Mischkristall und einmal für einen Almandin-Grossular-Mischkristall (dafür XMg gegen XFe austauschen) berechnet. Entsprechend dem Pyrop-Almandin-Verhältnis wichtet man das Resultat. Die Änderung des Molvolumens () der GPAQ-Reaktion lät sich dann nach folgender Gleichung ermitteln:

Die Molvolumina betragen: für Sillimanit (SIL) 49,91, für Kyanit (KYA) 44,11, für Quarz (QRZ) 22,69, für Anorthit (ANO) 100,73 (und für reinen Grossular(GRO) 125,35 cm³/Mol).

DV° in obiger Gleichung bezieht sich auf die experimentell gut untersuchte Endglieder-Reaktion bei der vorzugebenden Temperatur. Für Sillimanit gilt:

p°[bar] = -1170 + 23,8T[°C] (Fußnote in GANGULY & SAXENA 1984: 93).

DV° errechnet sich analog obiger Gleichung aus den Molvolumen der Endglieder.

Die Verlässlichkeit der ermittelten Drücke bei vorgegebener Temperatur wurde von NEWTON & HASELTON danach beurteilt, ob die teils Sillimanit-, teils Kyanit-führenden Paragenesen in die richtigen Stabilitätsfelder nach der experimentellen Kalibrierung von HOLDAWAY (1971) fallen. Für 34 von 36 Analysen war das der Fall.

GANGULY & SAXENA (1984) wandten ihr Granat-Mischkristall-Modell ebenfalls auf das GPAQ-Thermobarometer an. Sie ersetzten NEWTON & HASELTONs Granat-Ca-Aktivitäts-Koeffizient durch einen komplexen Ausdruck, der neben den binären Wechselwirkungs-Parametern Wij auch ternäre Wechselwirkungs-Parameter C123 umfasst. Weiterhin bevorzugten sie das Anorthit-Aktivitäts-Modell von SAXENA & RIBBE (1972). Es behandelt den Plagioklas als binären Albit-Anorthit-Mischkristall unter Vernachlässigung der Orthoklas-Komponente, die allerdings bei Albit-reichen Plagioklasen gut 10 % erreichen kann. Es lautet:

wobei

A0 = 967 cal/Mol
A1 = 715 cal/Mol

Die weitere Berechnung entspricht der von NEWTON & HASELTON.

Resultate des GPAQ-Thermobarometers:

Das Thermobarometer wurde als Barometer benutzt, indem die mittlere Temperatur des Granat-Biotit-Thermometers von 650 °C in die GPAQ-Gleichungen eingesetzt wurde. Die Berechnung erfolgte sowohl für das Gleichgewicht mit Kyanit als auch mit Sillimanit. Der Druckunterschied zwischen beiden Varianten erreicht selten 1 kbar, meist liegt er unter 0,5 kbar. Da Kyanit bei 600 °C einen Mindestdruck von 5,75 kbar und bei 650 °C von 6,75 kbar erfordert (HOLDAWAY 1971), kann hiermit geprüft werden, ob der Granat mit Sillimanit oder Kyanit im Gleichgewicht stand. Dieses Kriterium teilt den Datensatz in zwei Gruppen:

(1) Alle Granat-Ränder und einige Granat-Zentren standen mit Sillimanit im Gleichgewicht (N&H = NEWTON & HASELTON, G&S = GANGULY & SAXENA):
  650 °C 750 °C
N&H 2-5,5 kbar 3-6 kbar
G&S 1-3,5 kbar 1-4 kbar

(2) Die Granat-Zentren von zwei biotitarmen Leptiniten (135a = Wippersbächle, 174 = Holzsack) und zwei Paragneisen (352a = Bitzfeld und 346a = Schönberg) standen mit Kyanit im Gleichgewicht:
  600 °C 650 °C
N&H 7-8,5 kbar 7,5-9,5 kbar
G&S 6,5-8 kbar 7,5-8,5 kbar

Die ermittelten Drücke schwanken je nach GPAQ-Formulierung (N&H, G&S) deutlich, die Gruppeneinteilung (Sillimanit-/Kyanitfeld) wird jedoch stets reproduziert. Die Granat-Ränder der Gruppe 1 und der vorliegende Plagioklas werden als Paragenese gedeutet, die unter Temperaturen des obigen Granat-Biotit-Thermometers equilibrierte. Wie hoch allerdings die erreichten Gleichgewichts-Drücke und -Temperaturen der Granat-Zentren der Gruppe 2 innerhalb des Kyanitfelds waren, hängt entscheidend davon ab, mit welchem Feldspat sie koexistierten. Unter der Voraussetzung, dass in den biotitarmen Leptiniten während dieses druckbetonten Stadiums ein Hypersolvus-Alkalifeldspat stabil war, existierte kein Plagioklas mehr, denn der Hypersolvus-Alkalifeldspat kann den gesamten Anorthitgehalt im Gestein lösen (um An3). Sowohl die jetzt vorliegenden An-Gehalte im Plagioklas, als auch das Plagioklas-Anorthit-Aktivitäts-Modell treffen dann nicht mehr zu. Ein ideales Alkalifeldspat-Mischkristall-Modell vorausgesetzt, führt die vollständige Lösung der Anorthit-Komponente in Hypersolvus-Alkalifeldspat zu sehr hohen Drücken. Das Ca-reichste Granat-Zentrum hat in der biotitarmen Leptinit Probe 174 = Holzsack die Zusammensetzung: XFe=0,766, XMg=0,100, XCa =0,065, XMn=0,069. Aus der CIPW-Norm der Gesteins-Analyse errechnet sich ein Anorthit-Gehalt im Alkalifeldspat von 3 Mol-%. Daraus errechnen sich folgende Drücke:
  650 °C 750 °C
N&H 16 kbar 19 kbar
G&S 14 kbar 16 kbar

Diese ermittelten Drücke sind nur dann richtig, wenn auch die vorher geschilderten Voraussetzungen, also u.a. das Gleichgewicht mit dem entsprechenden Hypersolvus-Alkalifeldspat, zutreffen. Für die Richtigkeit der hohen Drücke spricht, dass die Eklogite und andere Hochdruck-Gesteine der Zentralen Schwarzwälder Gneismasse mit anderen Barometern ähnliche Drücke ergeben (WIMMENAUER & STENGER 1989).

Die Temperatur, die während des druckbetonten Stadiums herrschte, ist nicht sicher zu bestimmen. Vielleicht ist es die Temperatur, die Granat-Zentren und Matrix-Biotite anzeigen, also 700 ± 50 °C. Die Paragneis-Proben 346a = Schönberg und 352a = Bitzfeld enthalten nur wenige Prozent Plagioklas und gut 10 % Granat. Auch hier kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die jetzige Plagioklas-Zusammensetzung der entspricht, mit der das Granat-Zentrum im Gleichgewicht stand. Im Extremfall könnte auch hier bei hohem Druck der ganze Plagioklas aufgebraucht worden sein und die Grossular-Komponente mit Alkalifeldspat im Gleichgewicht gestanden haben.

 

10.6 Granat-Rutil-Al2SiO5-Ilmenit-Quarz-Barometer (GRAIL)

BOHLEN et al. (1983a) kalibrierten die Endglieder-Reaktion

Almandin + 3 Rutil = 3 Ilmenit + Al2SiO5 + 2 Quarz

und errechneten daraus eine Kurvenschar von log10K-Werten im p-T-Feld, die auf den Aktivitäten der einzelnen Reaktanten beruhen. Der von der Temperatur nur wenig abhängige Verlauf der Gleichgewichts-Konstanten K macht diese Reaktion zu einem Barometer. Die Gleichung für K lautet:

Zur Anwendung müssen die chemischen Zusammensetzungen der beteiligten Minerale in Aktivitäten (a) überführt werden. Die Zusammensetzungen von Quarz und Al2SiO5-Mineral entsprechen weitgehend den Endgliedern, d.h. a=1. Für Rutil wird ein ideales Mischkristall-Modell angenommen. Die Aktivität der FeTiO3-Komponente im Ilmenit errechnet sich nach POWNCEBY et al. (1987) zu

, wobei

beträgt nach O'NEILL et al. (1989) 525 cal/Mol.

BOHLEN et al. (1983a) bevorzugten für den Granat das Mischkristall-Modell von PERKINS (1979, zitiert in BOHLEN et al. 1983b: Tab. 3). Es lautet:

wobei

WFeMg = 3480-1,2T cal (T in °C)
WCaMg = 4180-1,2T cal "
WCaFe = 1050-1,2T cal "
R = 1,987 cal/K/Mol
T = Temperatur in K.

Die Almandin-Aktivität errechnet sich damit zu

BOHLEN et al. (1983a) empfahlen, Ilmenit- und Rutileinschlüsse im Granat zu benutzen. Oft bewahren Granate in ihren Einschlüssen eine frühere GRAIL-Paragenese, die in der Matrix durch retrograde Metamorphose fehlt. Fehlt die komplette GRAIL-Paragenese, kann für Granat-Rutil-Paragenesen mit dem GRAIL-Barometer der Mindest-Druck berechnet werden.

GHENT & STOUT (1984) formulierten für die Reaktion Almandin + 3 Rutil = 3 Ilmenit + Al2SiO5 + 2 Quarz das thermodynamische Gleichgewicht als

DG = 0 = DH° - TDS° + (P-1)D

wobei gilt:
  für Sillimanit für Kyanit
DH° [cal] -869,1 748,36
DS° [cal/°] -5,787 -3,023
DV° [cal/bar] -0,445 -0,3061

Der Druck in einer Mischkristall-Paragenese kann dann mit der Gleichung

errechnet und braucht nicht mehr graphisch aus BOHLEN et al. (1983a: Fig. 3) ermittelt zu werden.

Resultate des GRAIL-Barometers:

Die Paragneise 17 = Hochkopf, 352a = Bitzfeld, 346a = Schönberg und der biotitarme Leptinit 181 = Rennsbach führen Dist-Sillimanit, Ilmenit, Quarz und Rutileinschlüsse im Granat. Den Paragneisproben 33a = Hasenberg und 346d = Schönberg fehlt ein Al2SiO5-Mineral. Wegen der Diffusionszonierung der Granate und nach dem Granat-Biotit-Thermometer sollte die Temperatur bei 650 ± 50 °C gelegen haben. Die geringe Temperatur-Empfindlichkeit des GRAIL-Barometers äußert sich in dem geringen Druckunterschied von unter 1 kbar bei dem Temperatur-Sprung von 650 auf 750 °C. Der Unterschied zwischen Kyanit- oder Sillimanit-Paragenese liegt unter 0,5 kbar.

Für 700 °C und Kyanit ergeben sich für die Zentren der Granate folgende Drücke:
Probe Gesteinstyp Lokalität p(GRAIL, kbar)  
17 Paragneis Hochkopf 8,5  
33a Paragneis Hasenberg 7 ohne Al2SiO5
346a Paragneis Schönberg 6,5  
346d Paragneis Schönberg 6,5 ohne Al2SiO5
352a Paragneis Bitzfeld 6  
181 biotitarmer Leptinit Rennsbach 9  

Die Werte ergeben einen Druckbereich von 6-9 kbar und liegen im Temperaturbereich 600-700 °C im Grenzbereich der Stabilitätsfelder von Sillimanit und Kyanit. Die Resultate, die generell mit dem GRAIL-Barometer erzielt werden, müssen unter Beachtung der zwei folgenden Probleme gewertet werden:

(1) Der meist Fe-reiche Granatrand zeigt bei gleicher Temperatur höhere Drücke als der Kern an. Dies steht im Gegensatz zu der Deutung, die den Fe-reichen Rand als Folge retrograder Granat-Biotit-Reaktion bei Druckentlastung und Temperaturabnahme erklärt (TRACY 1982).
(2) Mit dem GRAIL-Barometer werden sehr häufig Drücke um 7,5 kbar ermittelt.

BOHLEN (1987) erklärte diese Probleme an Hand von Granuliten mit der Intrusion von Magmen als Wärmequelle und isobarer Abkühlung auf einem Druck-Temperatur-Zeit-(p-T-t)-Pfad, der entgegen der Uhrzeigerrichtung (pmax nach Tmax) durchlaufen wird. Dies steht im Gegensatz zu vielen anderen Modellen, auch diesem hier, die den p-T-t-Pfad in Uhrzeigerrichtung (pmax vor Tmax) durchlaufen und in einer isothermen Druckentlastung enden.

Die GRAIL-Drücke sind teilweise etwas geringer als die GPAQ-Drücke für Plagioklas und viel geringer als die GPAQ-Drücke für Alkalifeldspat. Sie werden wegen zweifelhaftem Gleichgewicht (z.B. gleicher Druck für Paragneise mit und ohne Al2SiO5) als Mindestdrücke interpretiert.

 

10.7 Granat-Rutil-Ilmenit-Plagioklas-Quarz-Barometer (GRIPS)

BOHLEN & LIOTTA (1986) haben die Reaktion

Granat (Grossular1Almandin2) + 2 Rutil = 2 Ilmenit + Anorthit + Quarz

experimentell kalibriert und gaben in einem p-T-Diagramm lnK-Kurven an, wobei sich die Gleichgewichtskonstante K wie folgt berechnet:

Da die Aktivitäten von Ilmenit und Rutil mit einem Exponenten von 6 in K eingehen, machen sich hier selbst kleine Abweichungen von der idealen Zusammensetzung (FeTiO3 bzw. TiO2) und Fehler im Mischkristall-Modell deutlich bemerkbar. Es wurden die gleichen Modelle wie beim GRAIL-Barometer benutzt. Die Aktivität von Anorthit im Plagioklas wurde nach dem Modell von NEWTON & HASELTON (1981), siehe GPAQ-Thermobarometer, berechnet. Für die Aktivitäten von Grossular und Almandin wurden die Modelle von PERKINS (1979, zitiert in BOHLEN et al. 1983b) benutzt.

Den Druck ermittelt man mit dem errechneten K und vorgegebener Temperatur aus der graphischen Darstellung von BOHLEN & LIOTTA (1986: Fig. 2). Alle Proben, die die GRAIL-Paragenese aufweisen, führen auch Plagioklas und sind so für das GRIPS-Barometer geeignet.

Resultate des GRIPS-Barometers (700 °C, Granat-Zentrum, in kbar):
Probe Gesteinstyp Lokalität p(GRIPS) p(GRAIL)
17 Paragneis Hochkopf 7 8,5
33a Paragneis Hasenberg 6 7
346a Paragneis Schönberg 8,5 6,5
346d Paragneis Schönberg 7 6,5
352a Paragneis Bitzfeld 8,5 6
181 biotitarmer Leptinit Rennsbach 7 9

Die Druckbereiche von 6-9 kbar bei 700 °C sind für beide Barometer identisch, die Unterschiede bei einzelnen Proben aber deutlich. Beim GRIPS-Barometer besteht das gleiche Plagioklas-Problem wie beim GPAQ-Thermobarometer. Die Auswirkungen sind aber schwer zu berechnen, da die biotitarme Leptinit-Probe 181 relativ Ca-reich ist. Hier müssten 7 % Anorthit-Komponente in einem Hypersolvus-Alkalifeldspat gelöst werden. Dies liegt aber nahe der Löslichkeitsgrenze, so dass auch bei hohen Temperaturen ein relativ An-gesättigter Hypersolvus-Alkalifeldspat mit einem Plagioklas koexistiert.

Die ermittelten GRIPS-Drücke werden aus den gleichen Gründen wie beim GRAIL-Barometer als Mindest-Drücke interpretiert.


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