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9. Die Porphyroide

9.1 Nomenklatur

Der petrographische Begriff "Porphyroid", der soviel wie porphyrähnliches Gestein bedeutet, wurde von LOSSEN (1869) eingeführt. Er verstand darunter einen kristallinen Schiefer, den er zwischen Gneis und Hälleflinta (nach GARY et al. 1973: kontaktmetamorpher saurer Magmatit oder saurer Tuff) einordnet. Er sei nicht eruptiver Natur, aber es bleibe offen, ob er rein sedimentär, tuffartig oder metamorph entstanden sei. Zur Zeit dieser Definition entstand gerade die Lehre über die Gesteinsmetamorphose, daher sind die unklaren genetischen Vorstellungen verständlich.

Heute versteht man darunter dynamometamorph beanspruchte sauere bis intermediäre Effusiva und auch deren Tuffe und Tuffite im paläozoischen Schichtverband (MURAWSKI 1983). Bei GARY et al. (1973) findet man darüber hinaus unter Porphyroid noch feldspatführende Metasedimente die Porphyren ähneln.

Der Begriff umfasst also einen weiten petrographischen Bereich. Deshalb ist es gerechtfertigt, die im Kartiergebiet auftretenden ca. 10 m mächtigen Einlagerungen, die mm-große Feldspatkristalle in einer viel feinkörnigeren Grundmasse führen, pauschal und als kartierbare Einheit als Porphyroid zu bezeichnen. Wie die mikroskopische Analyse zeigen wird, setzen sich diese Porphyroide aus einer weiten Spannbreite in der Mischung von pyroklastischem und epiklastischem Material zusammen. Sie bestehen also aus einer Wechsellagerung von Tuffen, Tuffiten und Sedimenten. Begriffe in der Taunusliteratur wie Porphyroidtuffit oder Porphyroidtuff sind petrographisch wesentlich enger gefasst und werden der Spannbreite dieser geologischen Einheit nicht gerecht.

MÜGGE (1893) versteht unter Porphyroid allerdings nur die reinen, Einsprenglingsfeldspat- und "Aschenteilchen"-führenden sauren, metamorphen Tuffe und führt wegen der innigen Wechsellagerung mit teilweise stark sedimenthaltigem, tuffigem Material den Begriff "Tuffit" und für metamorphe Tuffite den Begriff "Tuffoid" ein. Dieser enggefasste Porphyroid-Begriff hat sich aber nicht durchgesetzt. Dagegen wird der Begriff Tuffit mittlerweile international benutzt ist aber wesentlich enger definiert (SCHMID 1981) als der Ausdruck Porphyroid. Tuffoid wird nicht mehr verwendet.

9.2. Makroskopische Befunde

Die Porphyroide sind ein auffälliges Gestein, das noch in kleinen Stücken und verwittertem Zustand sicher identifiziert werden kann. Das makroskopisch auffälligste Kennzeichnen sind die reichlich in einer feinschiefrigen Grundmasse eingestreuten, meist scharfkantigen Feldspatkristalle. Sie sind in der Regel 1 mm groß, maximal 5 mm. Auf s-Flächen, die längere Zeit der Verwitterung ausgesetzt waren, findet man sie von der Grundmasse erhaben. Ihre Farbe schwankt zwischen milchig weiß bis gelblich. In stärker verwittertem Zustand können die Feldspateinsprenglinge herausgelöst sein. Die zurückbleibenden Hohlräume sind dann meistens mit Brauneisenmulm verfüllt. Weiterhin sind im Gestein häufig dunkelgraublaue, streng auf s-Flächen platt eingeregelte Tonschieferflatschen eingeschlossen. Ihre Größe schwankt zwischen wenigen mm und mehreren cm.

Die häufigsten Porphyroidlesesteine sind Bruchstücke parallel zur Schieferung. Die hier niemals ebene Oberfläche erscheint dann zwischen den Feldspäten hellgrau glänzend und charakteristisch meliert. Serizitschüppchen rufen dieses Erscheinungsbild hervor. Stärker verwitterte Lesesteine haben dagegen den Serizit verloren und erscheinen matt. Durch die ebene Spaltbarkeit fiel dagegen ein Porphyroidlesestein von der Finkenwiese, ca. 1 km NE Hausen, Blatt Eltville, auf. In frischem Zustand ist die Grundmasse im Querbruch dagegen meist dunkel graublau. Mit zunehmender Verwitterung werden die Farben dann immer heller (grau und gelblichgrau). In diesem Stadium können erneute Farbveränderungen das Bild allerdings wieder ändern: Mehrfach wurden auf Äckern Lesesteine gefunden, die in eine weißliche und eine braune Hälfte geteilt sind. Die mm-mächtige Grenzschicht tritt dunkelbraun hervor. Die braune Hälfte ist von Brauneisen getränkt, die weißliche ist frei davon. Hierbei mag es sich um die Front ehemals wandernder Lösungen handeln. Diese Farberscheinungen entsprechen voll und ganz denjenigen der Verwitterungsrinde im Liegenden der Singhofener Quarzkiese. Bei diesen stark verwitterten Porphyroidbrocken sind natürlich alle Feldspäte längst herausgewittert und machen ihre ehemalige Anwesenheit nur noch durch charakteristische Hohlräume deutlich. Die Verwitterungsstabilität der Porphyroide ist gut. Sie zerfallen großstückig und sind deshalb, obwohl das Gestein nicht sehr hart ist, gut aufgeschlossen. Im aufschlussarmen Gelände werden die Porphyroide mit als letzte vom Boden bedeckt.

Schichtung ist in den Porphyroiden nur sehr selten zu erkennen. Die offensichtliche Anfälligkeit zur Verschieferung mag neben der Sedimentation dafür verantwortlich sein. Zum Beispiel konnte am NE-Ende des mittleren Teufelsdell-Porphyroids (Abb. 19) eine deutliche Bänderung, hervorgerufen durch wechselnden Gehalt an Feldspateinsprenglingen, beobachtet werden. Daneben lassen sich noch die recht seltenen, quarzitischen Partien in den Porphyroiden eine Bankung (5 cm) erkennen, da die Schieferung in den kompetenteren Gesteinen die Sedimentstrukturen nicht vollständig zerstören konnte.

Die i.d.R. bis 10 m mächtigen Porphyroide des Kartiergebiets sind in sich zwar wenig gegliedert und erscheinen makroskopisch recht massig, weisen aber in ihrem Liegenden zwei häufig beobachtete, ja nahezu als charakteristisch anzusehende Erscheinungen auf:

1.) In ihrem Liegenden treten häufig quarzitische Gesteine auf. Damit sind alle auffällig harten Sedimente zwischen quarzitischen Siltschiefern und klotzigen Quarziten gemeint. Diese sind rund 5 - 10 m mächtig und reichen teilweise bis unmittelbar an die Basis der Porphyroide heran, teilweise sind noch wenige Meter siltige Gesteine bis zur Basis eingeschaltet. Diese quarzitische Unterlage der Porphyroide konnte zwar nicht kontinuierlich verfolgt werden, tritt aber so häufig auf, dass hierauf näher eingegangen werden muss. Betroffen sind praktisch alle gut aufgeschlossene Porphyroidzüge. Das sind also die drei Züge im Bereich Alte Burg, wie auch deren Verlängerung in Richtung Rabenlei. Nur bei den relativ schlecht aufgeschlossenen Zügen des gesamten linken Mühlbachufers (N Dornholzhausen und bei Geisig) und denen SW Berg, 500 N Erlenheck und am Jagdhaus des Korbacher Kopfs wurden diese Quarzite nicht beobachtet. Dies kann aber leicht auf die Aufschlussverhältnisse zurückgeführt werden. Da nun aber im betrachteten Schichtenstapel derartige quarzitischen Einlagerungen nicht so häufig vorkommen, als dass ihr Auftreten im Liegenden mehrerer Porphyroide als zufällig angesehen werden kann, darf hinter dieser Tatsache eine Gesetzmäßigkeit vermutet werden. Zwei Erklärungen bieten sich an:

a.) Die liegenden Quarzite sind genetisch mit dem darauffolgenden Porphyroid verknüpft, d.h. jedem der verschiedenen Porphyroide ging eine Sedimentation von später zu Quarzit bzw. quarzitischem Siltschiefer verfestigtem Detritus voraus.

b.) Die Sedimentation der liegenden Quarzite erfolgte zufällig oder auch genetisch gekoppelt. Der Vorgang wurde aber nicht mehrfach wiederholt, sondern das mehrfache Auftreten der Abfolge Quarzit - Porphyroid ist durch tektonische Vervielfachung bedingt.

Die vorliegende Arbeit konnte jedoch eine relativ ungestörte Abfolge verschiedener Porphyroide wahrscheinlich machen. Es muss deshalb eine genetische Kopplung zwischen liegenden Quarziten und den Porphyroiden gefordert werden.

Im Hangenden der Porphyroide treten einige Male auch Quarzite auf. Dies wurde aber nur lokal (mittlerer Teufelsdell-Porphyroid an dessen NE-Ende und am Kern-Bach, Abb. 19) beobachtet und gibt zur Verallgemeinerung keinen Anlass.

2.) Im unmittelbar Liegenden treten bis 50 cm mächtige, markante "Sedimentverwicklungen" auf: Die Schichtflächen sind verbogen, teilweise regelrecht verwickelt. In siltiger Grundmasse schwimmen pflaumengroße, harte, karbonathaltige Feinsandsteine, die aber wohl nicht als Festgestein sedimentiert wurden, sondern noch im plastischen Zustand. Sie sind nicht abgerollt sondern scherkörperartig gelängt, manchen Kieselgallen nicht unähnlich. Diese Strukturen im Liegenden der Porphyroide hat auch KRUMSIEK (1970) am Mittelrhein beobachtet. Er erwähnt bei vielen Porphyroidvorkommen an der Basis eine "Rutschungsbank", die lokal sogar spiralig aufgerollte Schichtflächen zeigt. SPERLING (1958) erwähnt subaquatische Rutschungserscheinungen in Sandsteinbänken im Liegenden von P V. Drei besonders prägnante, basale Abschnitte von Porphyroiden sollen näher beschrieben werden. In Abb. 9 lagert das mittlere Teufelsdell-Porphyroid nicht unmittelbar auf Quarziten, sondern auf einer ca. 80 cm mächtigen Schicht aus Feinsand- und Tonschieferflasern, die im cm-Bereich durchmischt sind. In diesem Sediment schwimmen zwei ca. 10 cm lange, karbonatische Feinsandsteine und ein großer karbonatischer Quarzitblock, der aber auch direkten Kontakt zu den liegenden Quarziten haben könnte. Abb. 10 und 11 zeigen zwei Aufschlüsse des tiefsten Teufelsdell-Porphyroids nahe seinem SW-Ende. Hier lagert das Porphyroid direkt auf Quarziten und quarzitischen Siltschiefern, die eine komplizierte Internstruktur aufweisen (in den Abbildungen nur angedeutet). Die Trennfläche zum Porphyroid weicht jeweils stark von einer Ebene ab. Das Porphyroid unterschneidet in beiden Fällen auch regelrecht sein Liegendes, nicht unähnlich einem Hobel, der von NW nach SE geführt, Späne aus dem Liegenden abhebt. Der keilförmige Quarzitblock in Abb. 9 könnte ähnlich entstanden sein.

Da eindeutig normale Lagerung vorliegt und die beschriebenen Formen auf synsedimentäre und nicht tektonische Vorgänge zurückgeführt werden, muss erklärt werden, wie ein siltig-tuffiges Lockersediment, das jetzige Porphyroid, und die liegenden Sande, die jetzigen Quarzite, in der erläuterten Art und Weise gemengt werden können. Das siltig-tuffige Lockersediment dürfte wegen der unförmigen, teilweise blasigen Glasscherben und dem feinkörnigen, relativ tonmineralreichen, epiklastischen Material sicher spezifisch leichter als die liegenden Sande gewesen sein. So kommt als Erklärung eine instabile Lagerung von spezifisch schwererem Sediment über spezifisch leichterem, wie sie bei ball and pillow structures und load casts leicht verständlich ist, nicht in Frage. Die statische Überlagerung von dichterem Material mit weniger dichtem Material ist stabil und es kommt zu keinen Ausgleichsbewegungen, wie groß der hydrostatische Druck auf die liegende Schicht auch sein mag. Erst dynamische Prozesse können das Gleichgewicht stören und zu einer Vermengung führen. Der Verfasser ist sich nicht darüber klar geworden, ob es sich hierbei um eine subaquatische Rutschung auf einem nach NW geneigten Hang oder um die, oben, rein beschreibend erwähnte "Hobelstruktur" handelt, die einen nach SE geneigten Hang voraussetzt. Beide könnten die auf Abb. 9, 10 und 11 deutliche NW-Vergenz der Sedimentstrukturen bewirken (vgl. Hangneigung nach S auf Abb. 7). Hier, wie auch bei den anderen Sedimentstrukturen im Arbeitsgebiet, ist die Unterscheidung zwischen tektonischer und sedimentationsbedingter Genese nicht absolut sicher. Unmittelbar über dieser Struktur setzt dann das massige Porphyroid mit seinen Feldspateinsprenglingen ein. Nach rund 10 m sinkt dann der Feldspatgehalt makroskopisch auf null. Im Porphyroid selbst schwankt der Feldspatgehalt zwar auch, das macht sich aber makroskopisch nicht besonders auffällig bemerkbar. Mikroskopisch werden die Unterschiede deutlicher. Eine scharfe Hangendgrenze wurde auf Grund der Aufschlussverhältnisse nicht annähernd so häufig beobachtet wie die Basis. Sie kann deswegen nicht mit Sicherheit als charakteristisch angesehen werden.

Es sei hier noch angemerkt, dass die Liegendgrenze der Porphyroide auf den ersten Blick einen sehr diskordanten Eindruck macht. Dieser wird dadurch vorgetäuscht, dass im Liegenden die Schichtflächen Haupttrennflächen sind, im Porphyroid aber die spitzwinkelig dazu verlaufenden Schieferungsflächen.

Basis des mittleren Teufelsdell-Porphyroids am Mühlbach

Abb. 9: Basis des mittleren Teufelsdell-Porphyroids am Mühlbach (siehe auch Abb. 10)


Abb. 10: Basis des tiefsten Teufelsdell-Porphyroids nahe seinem SW-Ende


Abb. 11: Wenige Meter NE von Abb. 10


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